In letzter Zeit habe ich mich viel mit dem Verleimen von Holzflächen befasst und bin dabei auf einige Hürden und Missverständnisse im Netz getroffen. Hintergrund war, dass ich Probleme mit meiner Bankplatte hatte, da sich nach einiger Zeit eine Leimfuge gelöst hat. Ich konnte dies zwar wieder richten; Aber zukünftig soll das nicht wieder passieren, weshalb ich mich sehr intensiv mit dem Thema befasst habe. Dieser Artikel soll die Hintergründe darlegen und vielleicht dem Ein- oder Anderen Hilfestellung geben, nicht den gleichen Fehler zu machen, wie ich.
Es ist ein ziemlich theoretischer; aber für den ambitionierten Heimwerk kein langweiliger Blogbeitrag.
Verleimen von Leimbinder
Wenn man im Netz nach „Leimbinder selber machen“ sucht, so erscheinen verschiedene Beiträge mit unterschiedlich guten und schlechten Ratschlägen. Unter normalen Umständen wäre der Ratschlag „Kaufen und nicht selber machen“ durchaus sinnvoll. Ich bin nun aber jemand, der gerne in den Wald geht, den er schon seit Jahren kennt, und sich den Baum aussucht, aus dem sein Projekt geschaffen wird. Der Förster lässt ihn fällen usw. Der Wald ist möglicherweise nicht zertifiziert und trotzdem vertraue ich dem ökologischem/ nachhaltigem Anbau des Försters mehr, als einer zertifizierten Plantage irgendwo auf der Welt. Manche schreiben von einem Druck von 2kg/cm² (das ist z.B. ein Wert für viele deutsche Leime), 20.000 Newton oder 5 Tonnen zu lesen.
Bis auf die letzten beiden Angaben kann alles Richtig sein. 20.000 Newton oder 5 Tonnen sind gar keine Druck-, sondern eine Kraftangabe. Und alle Angaben haben gemeinsam, dass Sie nur für einen bestimmten Fall ode reinen bestimmten Leim richtig sind.
Einheiten beim Verleimen
Die Kraft beim Verleimen
Die Kraft wird in der Regel in Newton angegeben. Manchmal auch in kg. Im englischsprachigen Raum (das wird bei amerikanischen Leimen wichtig) oft auch in Pound (Pfund).
Dabei gilt der Zusammenhang:
1[N] => 0,102[kg] => 0,225[lbs]
Als Faustformel kann auch angenommen werden: 1kg entspricht 2 Pfund oder 10 Newton. Das ist nicht exakt und ich würde keine Statik darauf aufbauen, aber so kann man im Kopf überschlagen, ob das gewünschte Ziel überhaupt zu erreichen ist.
Schraubzwingen und Pressen werden in der Regel in Newton [N] oder Kilogramm [kg] angegeben.
Der Druck beim Verleimen
Der Druck ist die Kraft pro Fläche. In der Regel Newton/m² [N/m²]. Man verwendet hier auch die Einheit Pascal. Bei der Verleimung wird aber auch oft kg/cm² oder kg/mm² angegeben. Bei amerikanischen Leimen wie z.B. Titebond* auch oft in psi (Pound-force per square inch).
Dabei gilt der Zusammenhang:
1kg/cm² => 0,01kg/mm² => 14,225psi
Der Anpressdruck in N/cm², N/mm² oder kg/cm² wird in der Regel beim Leim angeben. Amerikanische Leime werden auch oft in psi angegeben.
Pressdruck für Leimbinder
Kommen wir zu der Ursprungsfrage zurück:
Wie hoch muss der Pressdruck beim Verleimen von Leimbinder sein?
Der Pressdruck für Leimbinder ist genauso hoch, wie für jede andere Leimfuge auch. Die Frage nach dem Pressdruck für Leimbinder ist die falsche Frage. Der Heimwerker muss sich die Frage stellen, wieviel Pressdruck brauche ich für den verwendeten Leim?
Natürlich ist auch die Auswahl des richtigen Leims eine enorm wichtige Frage (dazu kommen wir später noch beim Titebond). Aber der Pressdruck ist für jede Leimfuge gleich und nicht von der Art des Bauteils (Platte oder Balken), sondern (in der Regel) nur vom Leim abhängig.
Nun werden vielleicht sofort (Fach-)Leute aufspringen und böse Kommentare schreiben. Andere Stellen sich die Frage, warum ich für einen Bilderrahmen nur zwei, für einen Leimbinder 50 Schraubzwingen brauche, obwohl ich doch den gleichen Leim verwende. Nun, wenn man sich das mal vor Augen führt, ist es aber ganz logisch.
Rechenbeispiele
Nehmen wir einen normalen Leim, z.B. den Ponal Super 3. Das Datenblatt gibt an, dass ein Pressdruck von mind. 20N/cm² bzw. 2kg/cm² anliegen muss um die im Datenblatt angegebenen Festigkeiten zu erreichen.
Beispiel #1:
Wie verleimen zwei gehobelte Bretchen, 30[cm] x 15[cm] x [1,8cm] auf der Längsseite zu einer Platte von 30[cm] x 30[cm] x 1,8[cm].
Die Klebefläche ist also 30[cm] x 1,8[cm] => 54cm² groß.
Wir benötigen also eine Kraft von 54cm² x 20N/cm² => 1.080N.
Das ist genau 1 Bessey Schraubzwingen* (~4.500N]. Wenn wir genügend haben nehmen wir aber drei bis vier und brauchen diese nicht ganz so fest anzudrehen, dafür verteilt sich der Druck besser.
Beispiel #2:
Wir verleimen einen Leimbinder (Achtung Ponal3 ist D3 Weißleim. Der ist weder für draußen, noch für tragende Bauteile zugelassen, also nur ein Rechenbeispiel) 300[cm] x 16[cm] x 12[cm] als BSH.
Die Klebefläche ist also 300[cm] x 12[cm] => 3.600cm² groß.
Wir benötigen also eine Kraft von 3.600[cm²] x 20[N/cm²] => 72.000N! (Das entspricht 7.200kg oder etwa 7,5 Tonnen!)
Das sind etwa 15 Bessey Schraubzwingen* [à ~4.500,00N].
Wenn wir genügend Zwingen haben, nehmen wir aber lieber 30 oder noch mehr, damit sich der Druck besser verteilen kann.
Diese beiden Rechenbeispiel verdeutliche glaube ich recht deutlich den Zusammenhang. Während man im ersten Beispiel (theoretisch) nur eine Schraubzwinge benötigen, so sind es im zweiten Beispiel bereits über zwanzig Schraubzwingen notwendig; In beiden Fällen wird aber nur der vorgeschriebene Druck von 20N/cm² erreicht!
Anmerkung:
Ich habe früher sehr viel mit Titebond III Leim verleimt. Auch meine Bankplatte. Das Problem habe ich im Beitrag Probleme beim Bankplatte verleimen beschrieben. Das mache ich heute nicht mehr und das hat folgenden einfachen Grund:
Der Hersteller gibt an, dass für Weichholz 100-150psi und für Hartholz (meine Bankplatte ist aus Buche) 175-250psi Pressdruck aufzuwenden sind. 250psi (Buche) entspricht in etwa 17kg/cm² oder 170N/cm². Obiger Leimbinder würde also eine Kraft von ~612.000N benötigen. Das entspricht 61.200,00kg oder eben über 60 Tonnen!
Umgerechnet würde man 136 Bessey Zwingen* benötigen. Bei 300cm Länge und dreireihiger Anordnung ergäben sich alle 6cm eine Zwinge. Das wird ganz schön eng, gerade für die mittlere Reihe.
Aber mal Spaß beiseite. Das ist ein Anpressdruck, der als Heimwerker nicht zu erreichen ist und auch viele große Schreinereien besitzen keine 60 Tonnen Presse!
Leim & Anpressdruck
Hier habe ich mal einige übliche Leime für Heimwerker zusammen getragen. Die Daten stammen in der Regel aus den technischen Datenblättern der Hersteller, oder aber aus den Webseiten der Hersteller.
Leim | N/cm² * 1 | kg/cm² /9,81 | psi *14,225 |
---|---|---|---|
Ponal Classic* | >15,00 | >1,52 | >21,75 |
Ponal Express* | >50,00 | >5,09 | >72,50 |
Ponal Wasserfest* | >20,00 | >2,03 | >29,00 |
Ponal Super 3* | >20,00 | >2,03 | >29,00 |
Titebond Original* | 117,72-172,40 | 12,00-17,50 | 175-250 |
Titebond II* | 117,72-172,40 | 12,00-17,50 | 175-250 |
Titebond III* | 117,72-172,40 | 12,00-17,50 | 175-250 |
Soudal Pro 30 D* | 9,81-19,62 | 1,00-2,00 | 14,23-28,46 |
Soudal Pro 45 D* | 9,81-11,77 | 1,00-1,20 | 14,23-17,07 |
UHU D3 Holzleim* | 19,62-49,05 | 2,00-5,00 | 28,45-71,13 |
Aktuelle Anmerkung zu Amazon Links:
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